
Am Anfang brauche ich ein Ziel! Das kann weit entfernt sein, aber ich brauche diesen Fixpunkt, um ĂŒberhaupt loszugehen. Wie kann ich sonst den Weg bestimmen?
Denn, wir wissen doch alle: ich möchte jetzt mehr lesen oder ich möchte mehr reisen oder abnehmen funktioniert doch nur sehr sehr schwer. Wieviel einfacher ist es, festzulegen, dass ich in diesem Jahr 20 BĂŒcher lesen möchte, oder drei neue StĂ€dte kennenlernen möchte. Daran kann ich mich orientieren und prĂŒfen, wie nah ich diesem Vorhaben komme.
Ich habe das fĂŒr mich so bebildert:
Wenn ich eine Reise antreten möchte, und nicht wĂŒsste, wo ich ĂŒberhaupt hinfahren möchte, ist es eine unglaublich groĂe Aufgabe. Ich weiĂ ja gar nicht, in welche Richtung ich starten muss und was mich meinem Ziel nĂ€her bringt. Meer oder Berge, Inland, Ausland…. die Ziele sind so unterschiedlich, dass die Wege dorthin doch nicht die gleichen sein können. Das Ziel ist die erste Entscheidung.
Habe ich das Meer fĂŒr mich festgelegt, kann ich weiter ins Detail gehen. Welches Meer und in welchem Land. Das reicht erstmal fĂŒr den Anfang, dann kann ich eine Route festlegen. Auf dieser Route kann man Stopps machen, Umwege fahren, in Sackgassen landen, auch mal lĂ€ngere Pausen einlegen und das Ziel neu ĂŒberdenken. Man kann sich verirren und neu ausrichten. Alles okay, denn das Ziel ist definiert und das holt mich wie an einer Schnur gezogen immer wieder auf den Weg. Vielleicht lande ich auf dem Weg dahin irgendwo und merke, dieser Ort ist viel schöner als mein eigentliches Ziel und beschlieĂe ganz bewusst, dass hier alles ist, wonach ich gesucht habe. Ich brauche das Meer gar nicht. Oder ich bin am Meer und stelle fest, dass es richtig schön ist, aber ich doch spĂ€ter noch mal weiterziehe.
Die Reise ist ja eben keine Pauschalreise, es drĂ€ngt mich keiner in den Flieger und buxiert mich vom Flughafen in den Bus. Es gibt kein starres Korsett, sondern jede Menge Möglichkeiten. Und das macht ja einen RiesenspaĂ! Eine Entdeckungstour auf meine BedĂŒrfnisse angepasst. Das macht aber nur dann SpaĂ, wenn ich weiĂ, was mein Ziel ist und ich mich immer wieder bewusst entscheiden kann.
Habe ich keins und mache mich auf den Weg ist es schwierig und quasi unmöglich anzukommen. Denn wo denn bitte? Ich irre durch die StraĂen, fĂŒhle mich unter Druck, weil ich schon so lange unterwegs bin, aber nicht das GefĂŒhl habe, anzukommen. Ich fahre in die eine Richtung, dann in die nĂ€chste, bin nirgendwo sicher, ob es dort gut und richtig ist. DAS ist Stress und UnglĂŒck. SOWAS kann man nicht bewĂ€ltigen.
Mein Ziel war: Menschen in meinem Leben, die mich wertschĂ€tzen, Leichtigkeit und Freude, einen Partner an meiner Seite, verliebt angeguckt werden, einen Ort, an dem ich mich angekommen und zuhause fĂŒhle.
Mein Weg: Um wertschĂ€tzende Menschen in meinem Leben zu haben, muss ich meinen Wert auch fĂŒr mich selbst erkennen (das ist ĂŒbrigens eine ganz schwere Aufgabe, immer noch). Wer sich selbst so lange hinten angestellt hat, muss erst lernen, sich wichtig zu nehmen und eigene StĂ€rken und SchwĂ€chen kennenlernen. Deshalb habe ich mich im ersten halben Jahr viel mit mir selbst beschĂ€ftigt (dafĂŒr waren die Corona-Lockdowns gut).
Und dann bin ich ausgegangen und in die Leichtigkeit des Nachtlebens eingetaucht. Ich habe die neue Stadt kennengelernt, bin viel mit dem Fahrrad oder zu FuĂ und meiner Kamera unterwegs gewesen, habe Ausstellungen besucht. Vielleicht auch Corona geschuldet, gab es einen groĂen Durst nach Unbeschwertheit und Freiheit in der Stadt. Ich bin gereist und habe geflirtet, bin durch Ausstellungen und Museen spaziert. Ich war mit mir glĂŒcklich und habe in vollen ZĂŒgen genossen, was ich mir vorgenommen habe. Ich war aktiv und habe mein Leben „in die Hand“ genommen.
Irgendwann auch die Partnersuche, und das ist ja immer noch ein kleines Tabuthema. Verstehe ich ĂŒberhaupt nicht! Denn wir sind ja nicht im MĂ€rchenfilm. In meinem Leben kam kein Traumprinz auf dem Pferd vorbeigeritten, wĂ€hrend ich im 2. Stock im Jogger auf dem Sofa saĂ und strickend Fernseh glotzte. đ Auf auf das kleine Popöchen vom Sofa geschubst und rein ins Abenteuer…..
Mein neues Zuhause und die kleine Fine waren ĂŒbrigens nicht Teil meines Ziels. Sie sind quasi vom Zielort nochmal ein StĂŒck weiter, ein Upgrade.
Sicherlich ist es rĂŒckblickend so, dass der Weg auch das Ziel war, denn er geht mit persönlichen VerĂ€nderungen einher, die am Ende GroĂes bewirken. Zu Beginn hĂ€tte mich die Verschmelzung von Weg und Ziel komplett ĂŒberfordert und handlungsunfĂ€hig gemacht. Deshalb: Dieser Satz gilt nur fĂŒr die RĂŒckschau!
Liebe GrĂŒĂe von
Sandra
The Comments
Dani
Liebe Sandra, das hast du schön gesagt ! Der Weg ist das Ziel ⊠auch wenn er durch Umwege und Abzweigungen begleitet wird.
Wie gelingt es dir nicht zurĂŒck zu schauen oder mit vergangenen Verletzungen umzugehen? Manches ist so tief verankert, ich will fast sagen es gehört zu meiner IdentitĂ€t.
Ich habe eine andere Art der Trennung hinter mir ⊠die Trennung von meinen toxischen Eltern⊠Es geht kein Tag vorbei, ohne an die Situation und Erlebnisse zu denken. Du wachst morgens auf und denkst ⊠So, heute lass ich nur positives in mein Leben, alles andere prallt an mir ab !
Aber das ist soooo schwierig . Ăhnlich wie bei einer DiĂ€t ⊠der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach đ
Deshalb ! Ganz stark wie du das gemeistert hast und diese unbĂ€ndige Lust am Leben zurĂŒck gekehrt ist !
Deine Worte machen mir Mut ! Ich arbeite daran đ
Alles liebe, Dani
Sandra
> DaniLiebe Dani! Trennungen sind immer schwer und sie kosten verdammt viel Kraft. Erst recht, wenn die Beziehung unschön war, weil so viel Unversöhnliches ungeklÀrt bleibt. Aber Du musst unterscheiden: diese Verletzungen prÀgen nicht Deine IdentitÀt! Sondern die Deiner Eltern!!!! Sie prÀgen Dein bisheriges Leben, aber Du bist nicht die Summe der Verletzungen. Du bist ein wertvoller Mensch, den Deine Eltern falsch behandelt haben! Sie hatten die Vergangenheit, gib ihnen nicht noch Gehenwart und Zukunft!
Anja MĂŒller
Liebe Sandra,
vielleicht solltest Du Teile Deines Blogs tatsĂ€chlich spĂ€ter mal als kleinen „Ratgeber“ in gedruckter Form herausgeben. Einfach toll, wie Du schreibst.
Was Du ĂŒber die Wichtigkeit, ein ZIEL fĂŒr sich selbst zu definieren, schreibst, ist ĂŒbertragbar auf alle möglichen Bereiche. Z.B. auch fĂŒr den Bereich Stricken und Handarbeiten. Oft bremst man sich selbst aus, weil man vor lauter Möglichkeiten gar nicht weiĂ, wo man anfangen soll.
Deinen Rat, zwar unbedingt ein Ziel vor Augen zu haben, den Weg dorthin aber durchaus leicht zu Ă€ndern, oder zwischendurch innezuhalten oder auf dem Weg zu beschlieĂen, das Ziel zu Ă€ndern, finde ich sehr hilfreich. Man „schwimmt“ nicht so im Allgemeinen und macht dann oftmals hĂ€ufig gar nichts, weil man sich ĂŒberfordert fĂŒhlt. Man hat am Schluss kein Ergebnis und ist unzufrieden, trotz so vieler Möglichkeiten.
Danke fĂŒr diesen lesenswerten Blogeintrag – ich freue mich schon sehr auf den nĂ€chsten. Morgen fahre ich ĂŒbrigens mal wieder in Deine schöne Stadt. Wenn Du noch einen guten Tipp fĂŒr GUTEN Kaffee hast (die Röstbar gibt es ja leider nicht mehr im orangefarbenen Haus) oder ein tolles Bistro, nicht nur fĂŒr abends, sondern auch fĂŒr tagsĂŒber, dann wĂ€re ich Dir sehr dankbar.
Ganz liebe GrĂŒĂe von Anja
Sandra
> Anja MĂŒllerLiebe Anja! Ich freu mich, dass dich der Artikel inspiriert. Und ja, er ist definitiv auf viele Lebensbereiche anwendbar. Das tut so gut zu erkennen. Die Röstbar gibt es ĂŒbrigens immer noch, an vielen Stellen in der Stadt. Und auch etwas ausserhalb den Röstbar Campus, Google das mal, ist auch sehr schön. In der Innenstadt gibt es ausserdem das neue Supernormal, das gehört ebenfalls dazu. Und am Beginn des Prinzipalmarkts gibt es jetzt die Prinzi-Bar. Viel Spass in MĂŒnster!
Anja
> SandraDanke fĂŒr diese tollen Tipps, werde ich alle aufsuchen, liebe Sandra. Klasse.